Nördlich von Soppong, an der Grenze zu Burma, tief in den Bergtälern Thailands versteckt, liegt Tham Lot, eine seit Jahrtausenden als geheimer Zufluchtsort genutzte Höhle der Shan Minorität.
Wo geht’s hier nach Tham Lot?
Groß beschriftet ist das einspurige Sträßchen schon, als wir umdrehen und es endlich finden – aber nur in der Schrift der Thai! Naja, jetzt ist unser Navi auch schlauer und meldet: „Straight ahead for 8 kilometers“! So landen wir schließlich auf dem Parkplatz der Riesenhöhle, wo wir die nette Führerin gemietet haben, die vor uns tänzelnd durch einen Wald führt.
Wo der Fluss den Berg durchquert
Der riesige, mehr als zwei Meter lange Wels reist das breite Maul mit den Barteln auf und schwups ist der halbe Inhalt der Tüte in seinen Bauch verschwunden. Clever von der Parkverwaltung, uns mit dem Ticket für Führerin, Höhle und Flößer auch gleich Fischfutter zu verkaufen, da ist der Sonntagsbraten für die Dorfbevölkerung der Shan Minderheit gesichert.
Während sie im Höhleneingang ihre Öllampe unter Druck setzt und wie ich mit meiner daheim auch etliche Versuche braucht, bis sie endlich ordentlich brennt, staunen wir über die gigantischen Ausmaße der Durchgangshöhle, von der aus wir hier nur das beeindruckende Portal sehen. Der kleine Fluss mit den fetten Fischen umströmt einen riesigen Felsblock, auf dem dicke Stalagmiten wie kleine Buddhas thronen. Von oben hängen Lianen und Waldreben über dem Höhlentor wie grüne Gardinen, unter denen der Fluss im Inneren der der Höhle verschwindet und sich sein Glänzen im Dunkel der Höhle verliert.
Die Welt der Fabelwesen
Vorsichtig tasten wir mit den Füßen nach den Stufen, um wieder in die Flusshöhle hinunter zu steigen. Dort wartet schon der Flößer mit seinem langen Bambusfloß auf uns. Die Führerin mit der Lampe als Galionsfigur, dann wir beide hintereinander auf schmalen Schemelchen kauernd und hinten auf dem Floß der Steuermann, der das Gefährt mit dem Fuß abstößt und der Strömung überantwortet, die uns rasch tiefer in das Dunkel der Höhle trägt.
Plötzlich springt er auf eine Kiesbank, reisst an einem langen Strick das Floß quer zur Strömung und wir erkennen im Schein der Laterne, dass vor uns ein riesiger Stalagmit einen Teil der Durchfahrt versperrt. Vorsichtig bugsiert der Flößer uns durch die Lücke, watet hinter uns im Wasser und steuert das Floß an der langen Leine zu einer großen Sandbank gegenüber.
Die Kathedrale der Steinzeit
Hier oben hat man uralte Felszeichnungen von steinzeitlichen Jägern entdeckt, die aber kaum noch vom mäanderförmigen Muster des Gesteins zu unterscheiden sind. Viel deutlicher springt mir ein weißer Seidenfaden ins Auge, der hier und dort um ein paar Stalagmiten gebunden ist. Gut zu wissen, dass unsere leichtfüßige Führerin für den Fall, dass ihre Lampe erlischt, noch einen Plan B in petto hat!
Beim hinunterkraxeln vom Hallenausgang zum Höhlenfluss entdecken wir die Ursache für den rutschigen, schmierigen Belag auf den Holzbrettern der Stiegen und den scharfen Geruch in der Nase – abertausende von Fledermäusen hängen an der Decke der Flusshöhle in unerreichbarer Höhe. Aber nicht die kleinen niedlichen, die wir aus unseren heimatlichen Höhlen kennen, eher von der Kategorie „fliegender Hund“!
Auf der Weiterfahrt mit dem Floß zeigt unsere Führerin uns dann noch die Schwalbennester, die näher am anderen Ausgang der Flusshöhle hoch oben an der Decke kleben. Mir ist rätselhaft, wie die Schwalben in diesem ewigen Dämmerlicht ihre Nester wiederfinden. Abertausende gleichartiger, dicht an dicht geklebt.
Der Friedhof in der Höhle
Wir hoffen, dass das auch für nicht direkt verwandte Besucher gilt, vor allem, weil unser Rückweg flussaufwärts nochmals durch die ganze Höhle führt. Entsprechend langsam staksen unser Flößer und die Führerin unser kleines Bambusfloß bis zu den Hüften im eiskalten Wasser stehend, gemeinsam durch die Fluten stromauf, um nur dann ganz kurz aufzuspringen, wenn das Wasser zu tief zum Waten wird.
Rush hour in der Dämmerung
Gegen den hellen Himmel bietet sich unseren Augen ein seltsames Schauspiel: Die Schwalben kehren von ihrem Nachmittagsausflug zurück, im Schnabel Vorrat, um ihre Jungen zu füttern. Im Gegenverkehr verlassen die Fledermäuse ihr Tagquartier, um in der Dämmerung zu jagen. Dem Sonar der fliegenden Säugetiere und dem Fluggeschick beider Arten ist es zu verdanken, dass es in dem Gewusel zu keinem Zusammenstoß kommt – meistens zumindest.
So viele Abenteuer in der feuchtwarmen Höhle machen durstig! Heute morgen hatten wir im kleinen Dorf Ban Tham Lot ein nettes, einfaches Terrassenlokal entdeckt, wo wir uns vor der Weiterfahrt im Kreise der Einheimischen noch stärken.