Westlich von Schleiz, im thüringischen Grenzland, thront hoch oben über der sächsischen Saale Schloss Burgk. Erst Burg, dann Lustschloss, heute Museum, ist dieses Ensemble ein Kleinod deutscher Fürstengeschichte und unbedingt einen Ausflug nach Thüringen wert!
Fürstensitz der Reußen über der Saale
Die Saale windet sich in engen Schleifen durch das harte Schiefergebirge des Thüringer Waldes. Noch vor hundert Jahren schäumte die sächsische Saale hier in tosenden Kaskaden über die Felsbarrieren und machte den Fluss unpassierbar.
In einer dieser Haarnadelkurven der Saale erbaute ein Heinrich aus dem Geschlecht der Reußen vor mehr als 600 Jahren eine mächtige Burg auf dem Schieferfels, durch Turm und Torhaus gesichert und durch einen tiefen Halsgraben geschützt.
Doch mit der Verbreitung des Schwarzpulvers wurden die Zeiten unruhiger und für die Mächtigen auch gefährlicher. Deshalb errichtete einer seiner Nachkommen – wie alle Reußen auch ein Heinrich, jetzt der II. – vor dem Graben eine Vorburg mit dem roten Turm, einer Eckbastion und einem Torhaus mit Zugbrücke, Festungstor, Fallgittern und zusätzlichen Innentor.
Ob Schloss Burgk wegen dieser massiven Wehranlagen, der exponierten Lage oberhalb der Saale nie erobert wurde oder weil der Bauernkrieg vor allem im Süden Deutschland wütete, vielleicht auch wegen seiner Abgeschiedenheit? Wahrscheinlich war der für viel Geld von Wallenstein 1632 ausgestellte Schutzbrief eine gute Investition, welche die Zerstörung des Schlosses und der Ortschaft in den Wirren des Dreißigjährigen Krieges zu verhindern half.
Dass dieses Kleinod deutscher Fürstensitze auch die DDR-Zeit wohlbehalten überstanden hat, ist wohl dem Umstand zu verdanken, dass der letzte regierende Fürst der älteren Linie der Reußen, Heinrich der XXII. Bereits 50 Jahre tot war, als der Landkreis Schleiz das Schloss 1952 in ein Museum umwandelte.
Die Diskrepanz zwischen den Lebensumständen einfacher Normalbürger und dem feudalen Lebensstil des Fürstenhauses ist auch heute noch frappierend. Zumal, wenn wir uns vor Augen halten, dass Schloss Burgk schon vor 200 Jahren nur noch als Lust- und Jagdschloss genutzt wurde. Der Hof residierte in Greiz und Gera und kam zur Sommerfrische an die beschauliche Saale.
Mit dem Wohnmobil zur Schlossbesichtigung
Auch für uns war das Schloss eine willkommene Erholungspause nach anstrengender Wanderung am Rennsteig vorher. Auf dem großzügigen Parkplatz vor dem Örtchen Burgk ist auch Platz für Wohnmobile bis 3.5t und der fast autofreie Ort entschädigt mit seiner Ruhe und Beschaulichkeit für die zehn Minuten Fußweg bergab.
Die historische Schlossküche unten im Schlosshof beeindruckt mich vor allem mit dem raffinierten Uhrwerk, das durch ein Steingewicht angetrieben, den Grillspies über der offenen Feuerstelle gleichmäßig in Drehung hielt. Da konnte man nicht nur Hähnchen oder Haxe griillen, da hing bestimmt so manche Wildsau!
Der schier endlos hohe, kohlrabenschwarze Kamin jagd meiner Traumwanderin dagegen Angst und Schrecken ein, vor allem als sie entdeckt, dass eine Holzleiter quer durch den Kamin bis ganz noch oben führt. Die arme Magd, die da Schinken und Würste zum Räuchern aufhängen musste. Die hat bestimmt Höllenängste ausgestanden.
Wieviel angenehmer hatten es da die Herrschaften in den Zimmerfluchten ein paar Stockwerke höher (einen Führer finden sie hier im Archiv):
- Der blaue Damensalon mit Spiegeln, Rokokostühlchen und bequemen Sofa, angenehmes Licht durch die hellen Fenster und einen Kristallleuchter für den Abend – das lädt noch heute zum Kaffeekränzchen ein!
- Der kleine Saal dagegen war wohl eher für die Herrschaften, die am großen Tisch tafelten. Ob sie die übergroßen Bilder der Gobelins an den Wänden noch beachtet haben? Sie erzählen Geschichten des Altertums, deren Inhalt sicher damals humanistische Bildung repräsentierte, uns heute aber nicht mehr geläufig ist.
- Leichter erklärbar sind da schon die Miniaturen und Bilder im Vorzimmer des fürstlichen Prunkbetts, deren erotische Anspielungen mit Leda und dem Schwan oder dem weibliche Prometheus aber deutlich über die Schäferstündchen der anderen Szenen hinausgehen.
- Die Schlosskapelle mit der Silbermann Orgel hat genügend Platz für eine mittlere Dorfgemeinde und gibt einen guten Eindruck vom Hausstand der Fürsten und der Anzahl an Bediensteten, die im Schloss, in der Landwirtschaft und der fürstlichen Eisengieserei unten in Burgkhammer beschäftigt waren.
Die aufwändigen Schnitzereien an der Kanzel haben bestimmt die Gottesdienstbesucher während der ein oder anderen, langweiligen Predigt gut unterhalten, bis einer der Schlossherren dem Pfaffen eine vierteilige Kanzeluhr neben das Lesepult montieren lies. Die erste Sanduhr für die Lesung des Wochenspruchs aus der Bibel, die zweite für die Hinführung zur Hauptpredigt, aber erst nach dem vierten Glas kam dann das langersehnte AMEN. Übrigens nicht nur um rechtzeitig zum Sonntagsbraten zu kommen, sondern durchaus auch als Leistungsnachweis für den bezahlten Prediger.
Schlosskapelle mit Stundenglas in 360°:
Den großen Rittersaal haben wir uns für den frühen Abend aufgehoben. Dort finden nämlich regelmäßig Serenaden statt. Wir hatten Glück: Am Pfingstsonntag spielte die Vogtland Philharmonie u.a. eine Suite „Alter Tänze und Arien“ von Ottorino Respighi, ein wirklich hörenswerter Komponist des 20. Jahrhunderts. Ein erbaulicher Abend inmitten der schweren Ritterrüstungen und unter dem strengen Blick des Erbauers dieser Burg, der in einem überdimensionalen Gemälde auf seinem Apfelschimmel pariert.
Dass uns auf dem Heimweg die ersten Regentropfen durchfeuchten, haben wir der Zugabe zu verdanken – aber das kann den schönen Tag nicht trüben! Wir kuscheln uns ins Wohnmobil und lassen den Abend mit Rotwein und guten Gesprächen über die Zukunft ausklingen.
