Saigon Sundown

Ein gelbes CAFÉ Leuchtschild weist uns den Weg. Wer hier einen angesagten Jazzclub im coolen Design befürchtet wird angenehm überrascht. Durch den begrünten Vorhof betreten wir ein extra großes Wohnzimmer mit einer Couch für zwölf; ein paar Bistrotischchen und einer winzigen Bühne. Ein rot leuchtendes Band zieht sich über die Decke, um an der Rückwand auszulaufen.

Angeboten werden Kaffee, Tee, Säfte, Softdrinks und Bier. Für uns gehört zum Chanson Rotwein, den bringt man aber besser selber mit – kein Problem!
Dr. Frank Gerke , Sinologe, Übersetzer, Reiseführer, Buchautor und Musiker spricht von sich selbst als Vietnamesische deutscher Herkunft. Er führt uns ein in die Chansons des „Saigon Sundown Trios“, das in wechselnder Besetzung hier spielt.

Interpretiert werden Gedichte und Lieder von Trinh Cong Sun, einem vietnamesischen Dichter und Gitarristen der in den sechziger Jahren mit der heute in den USA lebenden Kam Lee als Sängerin auftrat.

Spontanität ist Teil des Programms! Ein junger vietnamesischer Dichter singt seine Lieder gleich selbst, weil er zufällig heute Abend vorbei kam. Die Sängerin Sun Mai begeistert uns mit der Wärme ihrer Stimme, die uns die lyrischen Texte erfühlen lässt, ohne dass wir vietnamesisch verstehen. Nur an der Tontechnik sollten die drei noch feilen: Chansons im Café brauchen keine Beschallung für einen Konzertsaal.

Das Café Duong Nhu ist ein echter Geheimtipp für Liebhaber stimmungsvoller Chansons. Das „Saigon Sundown Trio“ und seine Freunde haben die richtige Mischung, tolle Musik und angenehme Stimmen.

Wer HCMC besucht, sollte diesen Ausflug in die Musikszene der Gegenwart, in dem Abends „Saigon Sundown“ vietnamesische Lyrik vertont und im Stil der französischen Chansoniers interpretiert, nicht versäumen.

Als der Dichter Trinh seine Lieder 1967 im damaligen Saigon in den Cafés der Innenstadt vortrug, führte das manchmal spontan zu Demonstrationen gegen den Krieg in Vietnam, Amerika und die von ihm unterstützte Marionettenregierung.

Dass Antikriegslieder aber deshalb im kommunistischen Vietnam willkommen wären ist ein Trugschluss. Selbst Bob Dylan musste sein „Blowin‘ in the wind“ aus dem Programm nehmen.