Über gefrorene Flurwege, vorbei an schneebedeckten Streuobstwiesen grüßen uns die uralten Kopfeichen am Wegrand: „Wanderer, möge Gott Deine Seele reifen lassen, ehe sie geerntet wird!“
Kopfeichen am Hetzleser Berg
Wir hatten uns in Effeltrich getroffen, das für seine Tanzlinde berühmt ist, der aber jetzt im Dezember alle Blätter fehlen und deren Anblick uns frösteln lässt, so wie diese Tage mit ihrem nasskalten Wetter überhaupt. Am Ortsausgang dann ein merkwürdiges Zusammentreffen: An der Kreuzung dreier Straßen steht eine alte, hohe Sandsteinsäule mit dem Spruch: „Auf die Fürsprache der Heiligen Heinrich, Kunigunde und Georg segne uns der Dreifaltige Gott“. Darüber ein Bildnis mit Gottvater, Sohn und heiligem Geist.
Wir folgen dem Sohn und nehmen den mittleren Weg – das ist auch die Wahl Buddhas.
Die weißen Streuobstwiesen hellen die trübe Stimmung auf, das ist eine Erholung vom Grau des Alltags. Sieben große Kopfeichen stehen am Wegrand, deren Äste seit Jahrzehnten nicht mehr geschnitten wurden. Wozu auch? Zuerst verschwanden die alten Webstühle, deren Gerüst und Balken von Lederriemen aus gegerbtem Rindsleder zusammengehalten wurden. Feste Schraubverbindungen wären schnell ausgerissen, während die elastischen Lederbänder wochenlang hielten. Außerdem konnte man sie leicht austauschen, auch wenn man fast eine halbe Kuhhaut pro Monat dafür brauchte. Dann verschwanden die großen Textilfabriken in Erlangen und Forchheim.
Die Gerber verwendeten schon lange chemische Produkte und keine Eichenrinde mehr zum Bearbeiten der rohen Häute, ehe auch sie verschwanden. Wozu also noch junge Eichenäste schneiden und schälen?
Heute ist ihre borkige Rinde Heimat unzähliger Käferarten wie dem Hirschkäfer und dem 3 cm großen Eremit, von denen fast die Hälfte auf der roten Liste stehen. Weil hier am Hetzleser Berg einer der wenigen Bestände an Kopfeichen überlebt hat, bewahren die Käfer ihre Eichen vor der Kettensäge – schön für uns und unsere Kinder!
Ein ganzes Stück weiter kommen wir an einer Jägerhütte vorbei, an der das Kruzifix mit dem Spruch aus der Einleitung hängt. Beides erinnert mich daran zu warnen: Früh am Morgen im Winter während der Jagdsaison ist eine Wanderung am Hetzles keine gute Idee!
Über die Straße nach Gaiganz und in den kleinen Park an der Mariensäule die an den Gaiganzer Mordfall, eine grausame Tat mit schändlichen Folgen erinnert:
Aus Eifersucht hat Lorenz Schriefer im Mai 1933 sein Opfer Josef Wiesheier erdrosselt und in einen Weiher geworfen: Wiesheier hatte nach einer Zechtour bei Schriefers Freundin in Mittelehrenbach gefensterlt. Die Nationalsozialisten freilich konstruierten einen politischen Hintergrund und verurteilten Schriefer zum Tode. Zu Wiesheiers Beerdigung marschierten die Braununiformierten zu Tausenden auf, erinnert sich Hans Kern, der damals ein junger Ministrant war.
Vorbei an der Mariensäule, die einst mit einem Hakenkreuz versehen war, führt unser Weg über Elsenberg nach Pinzberg. Die Rokoko-Kirche St. Nikolaus ist der Höhepunkt unserer Wanderung.
Seit fast 1.000 Jahren gehört Pinzberg, wie die anderen oberfränkischen Ortschaften, zum Erzbistum Bamberg und liefert Tribut an das Domstift. Die Seelsorge des Ansitzes Pinzberg, eines gewissen Hartung von Wiesenthau, übernahmen vor 600 Jahre die Herren des Forchheimer Chorstifts, nachdem die Pinzberger mit 24 Pfund Heller eine entsprechendes Vikariat stifteten.
Die ursprüngliche Kapelle St. Nikolaus dürfte aus dieser Zeit stammen und war Bestandteil einer mächtigen Wehranlage, deren hohe Mauer noch heute den Kirchhof schützt. Der Zugang erfolgt noch heute durch das Portal im Torturm, neben dem der ursprünglich als Schulhaus errichtete Pfarrhof steht.
Vor etwa 300 Jahren ist der Ort so gewachsen, dass das Langhaus der Kapelle verlängert und ein neuer Chor angebaut wird. Im 18. Jhdt. wird der Innenraum im Stil des Rokoko erneuert und der Bamberger Hofbildhauer Johann Bernhard Kamm erschafft den Hoch- und die beiden Seitenaltäre sowie die Kanzel:
St.Nikolaus in Pinzberg in 360°
Die Geschichte vom Nikolaus
Geboren in der heutigen Türkei als Sohn reicher Eltern im Jahr 280 nach Christus, wurde er bereits mit 16 Jahren Waise und wohnte allein in seinem großen Elternhaus. Er galt als außergewöhnlich großzügiger und gutherziger junger Mann, der weder Kinder noch Arme an seiner Türe abgewiesen hat, wenn sie ihn um eine milde Gabe baten.
Eines Tages kam ihm zu Ohren, dass ein armer Mann seine drei Töchter anschaffen schicken wollte, weil er ihnen für eine Heirat keine Mitgift geben konnte. Der wohlhabende Nikolaus hatte Mitleid und warf ein drei aufeinander folgenden Nächten jeweils einen faustgroßen Goldklumpen durch das Fenster im Haus der drei Jungfrauen. Da entdeckte ihn der Vater, fragte nach seinem Namen und dankte ihm.
Wenig später, mit 19 Jahren weihte ihn der Bischof von Myra zum Priester und ernannte ihn zum Abt des Klosters Sion in der Nähe. Während der Christenverfolgung im Jahr 310 verteilte er sein ererbtes Vermögen unter die Armen ehe er gefangen genommen und gefoltert wurde.
Als wir aus dem Tor zum Kirchhof auf die Dorfstraße treten, fällt uns das Brunnenhaus auf, das einen Teil der Straße einnimmt und so zur Entschleunigung des Verkehrs beiträgt. Im Sommer, wenn es mit Blumen geschmückt ist, kontrastiert es wunderbar zur Jahrhunderte alten Schmiede, die ein Lehen des Gotteshauses ist.
Wir kehren im Landgasthof Schrüfer ein, der nicht nur am Sonntag eine ausgezeichnete fränkische Küche bietet, sondern auch nette und flotte Bedienung. Frisch gestärkt machen wir uns zur der kürzeren Rückroute auf den Weg nach Effeltrich.
Eine schöne Winterwanderung nicht nur für die Zeit zwischen den Jahren!