Eine Tragödie aus längst vergangener Zeit rankt sich um den Monte Cofano, dessen schroffer Marmor wie ein Bündel Stalagmiten direkt aus dem Meer in den Himmel ragt.
Der Aufstieg zum Pass am Monte Cofano
„Geht von hier bis Bugato, wo die Wohnmobile stehen und dann den Schotterweg hinauf zur Grotte von Mangiapane, wo ihr euch von Sebastiano seine Geschichte erzählen lassen könnt. Den alten Steinbruch lasst ihr rechter Hand liegen und steigt hinauf zum Passo di Baglio Cofano. Aber nehmt euch dort vor dem Stier in Acht!“
Mit gemischten Gefühlen schnaufen wir den Wanderweg hoch, vorbei an hellgelb blühenden Ginsterbüschen bis zum winzigen See, um den die dunkelbraunen Kühe die saftigen Blumenwiesen abweiden. Der Stier liegt widerkäuend zwischen ihnen, schätzt uns als harmlos ein und erhebt sich nicht einmal aus seinem Wiesenbett gesprenkelt mit Narzissen, gelben Wiesenblumen und violett roten Orchideen – Glück gehabt!
Noch ein paar Schritte und wir sehen unten in der Bucht die schroffen Felsen des Scoglio Scialandro aus dem tosenden Meer ragen. Davor am Ufer der Jahrhunderte alte Torre de Tonnara, bei dem wir das erste Mal den Weg der unglücklichen Zita kreuzen werden.
Der Torre della Tonnara
Wie der Barone di Bosco, der diesen Turm 1560 errichten lies, um zwischen ihm und den Felsen im Meer die bedeutendste Tonnara an der ganzen Westküste Siziliens einzurichten. In langen Leitnetzen wurden die Thunfischschwärme, die zum Laichen in die Bucht schwammen, in Kammern geleitet, deren letzte die Tonnara, die Todeskammer war.
Vier riesige Lastkähne, jeweils mit Dutzenden Fischern bemannt, formten ein Quadrat. Zwischen ihnen das feste, engmaschige Netz der Tonnara und darin tausende Thunfische gefangen. Mit Beilen und Hauen zogen die Fischer den Tunfisch in ihre Boote – manche riesig und hunderte Kilo schwer. Wenn am Abend der letzte Thunfisch im Bauch der Boote verstaut war, hatte sich das Meer blutrot gefärbt.
Schon Anfang des 18. Jahrhunderts war es damit vorbei – die Thunfischschwärme blieben aus, die Reichtum ohne Mühe versprechende Einnahmequelle war versiegt.
Die Legende von Zitas Hochzeit
Dann war die Thunfischsaison vorbei und die beiden konnten sich auf die Reise nach Erice begeben, wo die Trauung in der Kathedrale stattfinden sollte“.
Wir folgen dem Weg oberhalb der Klippen, vorbei an der Punta del Saraceno und kommen zum Passo del Zita. Dort ist linker Hand ein Relief des heiligen Nikolaus aus dem weißen Kalkstein des Monte Cofano, auf dem er mit einem Boot und drei Matrosen abgebildet ist.
„Wenn man von den senkrecht ins Meer stürzenden Klippen ins tosende Wasser schaut, sieht man den langen weißen Schleier der Zita im Meer treiben“ erzählten uns die Fischer am Morgen. „Hier war ihre Hochzeitsreise nämlich schon zu Ende. Ein Bergsturz riss die beiden Unglücklichen mit sich ins Meer, das sie nie mehr preisgab“.
Uns soll die Legende daran erinnern, dass auch unsere Zeit begrenzt und die Tage gezählt sind – wir sollten das Beste daraus machen! Still und nachdenklich wandern wir weiter zur Bucht von Bugato, vorbei an der Kapelle des Eremiten, der vor dreihundert Jahren in der Grotte des Heiligen Kreuzes oben am Berg hauste. Ob er wirklich das Beste aus seinen Tagen gemacht hat?
Material zur Wanderung und Sehenswürdigkeiten im Archiv für Traumwanderer