In Bad Gastein wandeln wir nicht nur in den Fußstapfen von Kaisern und Königen, sondern auch im Schatten altehrwürdiger Gebäude. Die Hochwohlgeborenen sind längst verstorben und die ehemals noblen Herbergen und Luxushotels sind schwer in die Jahre gekommen. Ein Bummel durch Bad Gastein ist wie eine Zeitreise, aber fast mit Endzeitstimmung!
Morbider Verfall
Ein paar Schritte weiter das Badeschloss, erbaut vom österreichischen Kaiser Franz, mitten im Verfall und seit Jahrzehnten geschlossen. Dabei hatte Kaiser Franz Joseph I. 1887 hier das erste Kraftwerk errichten lassen, mit dessen Strom Bad Gastein zum ersten elektrisch beleuchteten Kurort Europas wurde. Aus der Traum!
Um den Straubinger Platz sieht es aus wie im Berlin der 90er Jahre. Die Hotels der Belle Époque glänzen mit vernagelten Fenstern und bröckelnden Fassaden, abgeschirmt mit einem Bauzaun, der Bilder aus der glorreichen Vergangenheit zeigt: Welch ein Hohn!
Nach der Brücke über den Wasserfall wird es besser. Zumindest linker Hand ist das Hotel Elisabethpark wieder gut besucht, wenn auch rechter Hand die Fenster im Betonbunker des ehemaligen Kongresszentrums zugeklebt sind.
Was sich aber unbedingt lohnt, ist der Abstieg zum alten Kraftwerk direkt am Wasserfall. Mit einer Mischung aus Museum und Café mit Bar gibt es dort die besten hausgemachten Kuchen von Bad Gastein. Und jede Menge Technik aus den Anfängen der Stromerzeugung zum Anfassen. Ein Muss mit Kindern!
Fragwürdige Badekur
Der Name Radon lässt zwar vermuten, dass es sich um eine radioaktive Substanz handelt, nachgewiesen hat dies aber schon Marie Curie. Das Zerfallsprodukt des Uran ist ein alpha-Strahler, dessen Spaltprodukte ebenfalls radioaktiv sind. Aber erst 1988 machte die WHO allgemein bekannt, dass Radon Lungenkrebs erzeugt und zwar fast so wie Zigaretten rauchen.
Ob der Niedergang der mondänen Kurhotels in Bad Gastein in den 80er Jahren damit im Zusammenhang steht, Ursache die veralteten bzw. fehlenden Sanitäranlagen der Nobelhotels waren oder die Gäste lieber woanders kuren gingen, ist heute schwer zu beurteilen. Aber gut zu wissen: Das Thermalwasser im Kaiserhof enthält kein Radon mehr!
Kutschfahrt zum Prossauer
Ob König Georg von Sachsen eine Gams geschossen hat, wissen wir nicht, aber er ist garantiert ein paar Tage später auf Rotwildjagd gegangen. Das Kötschachtal hat noch heute einen Bestand an Rotwild von weit mehr als 100 Tieren und liegt vom Kaiserhof sozusagen um die Ecke. Auf der Kaiser-Wilhelm Promenade hinterm Kaiserhof gehen wir eine gute halbe Stunde nach Nordosten und kommen im ehemaligen Feriendorf „Grüner Baum“ an. Der altehrwürdige Gasthof mit den Holzbalkonen war 40 Jahre der Urlaubsort von Luis Trenker, hat aber jetzt leider dauerhaft geschlossen.
Wir treffen dort auf unseren Kutscher Toni, der uns in einer guten Stunde durch das tief verschneite Tal zum Alpenhaus Prossau bringt. Tief eingemummelt in viele Decken genießen wir die Schlittenfahrt. Unterwegs fallen uns die Futterstellen für das Rotwild auf, das im Winter ins Tal herunterkommt und im verschneiten Tann verborgen einsteht.
Beim Prossauer angekommen, sind wir vom romantischen Holzhaus aus dem Jahr 1926 angetan, das an Dr.Schiwago erinnert. Natürlich bestellen wir leckeren Hirschbraten, ehe wir uns nach dieser köstlichen Mahlzeit wieder heimkutschieren lassen.
Ausgefroren kommen wir in den Kaiserhof zurück und freuen uns auf die Sauna, die uns wieder auftaut. Darum hätte uns König Georg sicher beneidet!