Einen ganztägigen Stadtrundgang durch Genua beginnt man am besten in der Neuzeit, am größten Aquarium Europas. Dann besuchen wir den Palast Andrea Doria’s, schreiten in der Zeit rückwärts, vom Klassizismus durch die Straßen mit ihren Palästen aus dem Barock bis zum Mittelalter mit seiner beeindruckenden Stadtbefestigung.
Der Porto Antico
Wir bestaunen die gelungene Metamorphose eines abgewrackten Hafen- und Industrieviertels zu einem Freizeit- und Erholungspark. Unter Palmen genießt man das bunte Treiben und den Blick über die Yachten, die hier vor Anker liegen (hier finden Sie die Übersichtskarte).
Die scheinbar uralte Karavelle NEPTUN ist mit ihren unzähligen, schweren Kanonen und der übergroßen Galionsfigur nicht nur für Kinder die Hauptattraktion. Erst bei genauerer Betrachtung erkennt man, dass die scheinbar mächtigen Schiffsbalken hohl und morsch sind und dass die Karavelle die dreißig Jahre, die seit Roman Polanskis Film “Die Piraten”, für den sie als Kulisse diente, nicht schadlos überstanden hat.
Am Riesenkran BIGO hängt frei schwebend der gläserne Panoramaaufzug in schwindelnder Höhe. Den gleichen Ausblick werden wir später vom Edificio Millo aus weit gemütlicher genießen. Die große Glaskugel, die neben dem langen Aquarium scheinbar auf dem Wasser schwimmt, ist die Biosphäre, in der ein künstlicher Regenwald vom Aussterben bedrohte Pflanzen bewahrt. Noch heute wird heftig darüber gestritten, ob die zwei Millionen Euro, die die “Sfera” anlässlich des G8 Gipfels vor zwanzig Jahren gekostet hat, nicht für den Regenwald vor Ort nützlicher hätten angelegt werden können.
Aquarium Genua
Den skurrilen 3D-Film zur Einführung von früher scheint es glücklicherweise nicht mehr zu geben (wahrscheinlich sind jetzt alle 3D-Brillen defekt). Wir schlendern zügig an den ersten Aquarien vorbei, wissen wir doch, dass der spannende Teil dort ist, wo in einem umgebauten Schiffsrumpf die Entdeckungen der genuesischen Seefahrer in verschiedenen Habitaten aus allen Weltmeeren zu sehen sind.
Zuerst sieht man Korallenbänke und Riffe von oben, um dann immer tiefer in die Geheimnisse unterseeischer Landschaften einzutauchen. Auf Tafeln werden die Weltumsegelungen der wagemutigen Seefahrer von einst und die von ihnen entdeckten neuen Welten dargestellt.
Für Fotographen sind die farbenfrohen Clownsfische und die Quallen mit ihren endlosen Tentakeln sicher die aufregendsten Motive. Das darf man sich auf keinen Fall entgehen lassen.
Essen wie in Italien
Schräg gegenüber dem Aquarium, im Edificio Millo fahren wir mit dem Glasaufzug auf die Dachterrasse und landen in einem Einkaufsparadies der gehobenen Klasse für alles, was man in Italien essen und trinken kann. Angesichts der vielen Spezialitäten läuft mir das Wasser im Mund zusammen, das Frühstück ist doch schon eine Ewigkeit her!
Wir gehen an den Tischen und Bänken im Selbstbedienungsrestaurant vorbei und landen ganz am Ende im “Il Marin” dem Gourmettempel für alles was das Meer an Genießbarem bietet.
Von der Terrasse des Restaurants hat man einen fantastischen Blick über den gesamten Hafen mit BIGO, ACQUARIO und SFERA – ohne den Adrenalinschock des Aufzugs!
Die Fahrt mit der Fregatte fällt ins Wasser
Ein Anruf unter der im Internet angegebenen Nummer 010 255 509 und wir erhalten die Auskunft “die Fregatte wäre leider zur Zeit in Reparatur, wir möchten doch den Bus nehmen”.
Der Dogenpalast Andrea Dorias
Andrea Doria war der scheinbar unbesiegbare Seeadmiral der Mittelmeermacht Genua, der durch seine erfolgreichen Seeschlachten gegen Türken und den Feldzug gegen Tunis, bei dem 20.000 als Sklaven gehaltene Christen befreit wurden. Durch wechselnde Bündnisse mit Kaiser Karl V. und dessen Gegnern, den französischen Königen gelang es ihm die Unabhängigkeit der Genuesischen Republik wieder herzustellen.
Im Palast sind Fresken, Wandteppiche und Mobiliar zu sehen, die uns fast in jene Zeit zurückversetzen, wo wir Andrea Doria im Spiegelsaal unter seinen Gästen stehen sehen, die der Hühne mit seinen 1,90m um mindestens einen Kopf überragt, oder in der Privatkapelle kniend, wo er um himmlischen Beistand für den nächsten Kampf um die Freiheit Genuas betete.
Die Paläste des Barock
Der Königspalast ist wie die meisten Gebäude in dieser schmalen Straße ein Museum, die anderen beherbergen eine Bank, die legitimen Nachfolger jenes Geldadels aus der Zeit der Welteroberung und Ausbeutung. Der imposante, von mächtigen Säulen getragene Innenhof der Universität lässt uns ahnen, wie mächtig und reich diese Handelshäuser über viele Jahrzehnte hinweg waren.
Wir brauchen dringend eine Verschnaufpause und überqueren am Ende von Via Balbi die Piazza della Nunziata mit der Chiesa SS Annunziata del Vastato und wenden uns nach halblinks um nach wenigen Metern nach rechts in die Fußgängerzone Via Lomellini einzubiegen. Dort genießen wir im Antico Cafè Laiolo in ruhiger Atmosphäre einen Cafè, Cappuccino oder eine Cioccolata aus den bemerkenswert antiken Tassen.
Die Paläste der Patrizier
Der Palazzo Tursi mit seinem imposanten Innenhof beherbergt heute das Rathaus und ist deshalb frei zugänglich, während Palazzo Bianco und Palazzo Rosso Museen mit Werken von Rubens, Dürer und van Dyck beherbergen und der Palazzo della Meridiana mit der großen Sonnenuhr zur Stadtverwaltung gehört.
Das Teatro Carlo Felice und die Piazza de Ferrari
Das imposante Gebäude mit der halbrunden Fassade hinter dem Brunnen ist die ehemalige Börse. Durch den globalen Handel in vielen lokalen Währungen wurden in Genua schon vor achthundert Jahren Wechselstuben an der Piazza Bianchi betrieben. Aber vor zwanzig Jahren hat der online-Handel der fast hundert Jahre währenden Tradition der prunkvollen Börse den Garaus gemacht.
Das Haus Columbus vor dem Stadttor
Der Stadtführer schreibt: “Wie ein faltiges Mütterchen mit strohigen Haaren wirkt das winzige Häuschen, das der Familie Colombo gehörte. Heute ist es herausgeputzt und zu besichtigen, durch enge Treppen zwängt sich der Besucher in die schmalen Räume der 3 Stockwerke, in denen Erinnerungen und Schriften von Kolumbus ausgestellt sind.”
Dogenpalast und Kathedrale
Die klassizistische Fassade verbirgt das wahre Alter des Palastes aus der Blütezeit Genuas vor mehr als siebenhundert Jahren. Heute beherbergt er berühmte Ausstellungen und ist sozusagen die Pinakothek Genuas.
Ein Stück weiter die Via San Lorenzo hinunter betreten wir die Lorenzkirche durch den Seiteneingang und stehen in einer mächtigen, romanischen Basilika aus dem 12. Jahrhundert. Nach zahlreichen Umbauten sind vom romanischen Teil die Seitenschiffe mit den beiden Seitentoren erhalten, während die linken Seitenkappellen, wie die mit rotem Samt ausgeschlagene Kapelle Johannes des Täufers, dreihundert Jahre später im gotischen Stil ausgebaut wurden.
Ehe wir die Kathedrale durch das gotische Hauptportal verlassen, lohnt sich noch der Blick auf das, von der Abendsonne wunderbar beleuchtete Glasfenster der Rosette. Außen stehen wir dann auf dem Marktplatz und staunen über die ein-einhalb Türme und bewundern die durch schwarz-weiße Streifen gegliederte Fassade und die dadurch geschaffene Betonung der Portale.
Im Jahr 1101 erbeuteten Kreuzritter während des ersten Kreuzzugs in Cäsarea das Sacro Catino, den heiligen Gral, eine grüne Glasschale die heute im Domschatz ausgestellt wird. Aus dieser Schale soll Jesus beim letzten Abendmahl mit seinen Jüngern den Wein getrunken haben und mit ihr soll Josef von Arimathäa das Blut Christi am Kreuz aufgefangen haben, ehe er ihn später in sein Felsengrab betten lies. Die wunderschöne Schale ist nicht wie von den Kreuzrittern angenommen aus grünem Smaragd, sondern aus byzantinischem Glas und vermutlich aus der Zeit Karls des Großen.
Die Bank des Heiligen Georg
1453 übergab die Republik Genua der Bank offiziell die Herrschaft über Korsika, das gesamte Gebiet der Krim mit dem Handelszentrum Caffa und andere kleinere Besitztümer, so dass Kolonialverwaltung und Bank in der Hand von vier Konsuln aus den Patriziergeschlechtern der Republik waren.
Glanz längst vergangener Zeiten! Die in den siebziger Jahren als Highway auf Stelzen errichtete Schnellstraße wird sicher nicht so alt werden, sondern in wenigen Jahrzehnten der Vergangenheit eines industriellen Zeitalters angehören, dessen Bausünden endlich entsorgt wurden.