- Garachico – ein Ort mit Geschichten
- Die schwarze Wüste am Monte Chinyero
- Durch die wilde Mascaschlucht
- Der kanarische Bauernmarkt
Die Schlucht der Masca an der Westküste Teneriffas ist für Wanderer einer der Höhepunkte des Urlaubs auf den kanarischen Inseln – auch wenn von Weg kaum die Rede sein kann und die Rückfahrt mit dem Masca-Express ein Abenteuer für sich ist!
Wolken und Regen – wandern oder nicht?
Langsam lichten sich die dichten Nebelwolken, als wir die kurvige Bergstraße vom Erjos-Pass kommend nach Santiago del Teide einfahren. Am Büro des „Masca-Express“ halten wir, um uns nach dem Zustand des Wanderwegs durch die Mascaschlucht zu erkundigen und um Tickets für das Boot zu kaufen, das uns vom Mündungstrichter der Masca zum Hafen von Los Gigantes zurückbringen soll.
Der junge Mann am Schalter ist unsicher, es hat letze Nacht zum ersten Mal in diesem Jahr kräftig geregnet und der Weg ist sicher noch nicht an allen Stellen getrocknet. Das Meer hat sich aber schon wieder soweit beruhigt, dass das Boot am Nachmittag wieder fahren wird, nachdem gestern Abend die letzten Wanderer wieder umkehren mussten. Sie kamen zu spät, um vom letzten Boot vor dem aufziehenden Gewitter noch mitgenommen zu werden und mussten die Schlucht wieder bergauf zurückzulaufen.
Er rät uns, nicht zu zögern und rechtzeitig umzukehren, wenn sich der Weg als zu rutschig erweisen sollte. Wir könnten in jedem Fall die Bootstickets bei ihm wieder zurückgeben und uns den Fahrpreis erstatten lassen.
Wir entschließen uns, den Versuch zu wagen und fahren die schmale Passstraße nach Masca. Wie ein dunkles Band schlängelt sich die Teerstraße in scharfen Kehren hinunter ins Tal. Im dunklen Grün nur auszumachen, weil die hellgelben Betonquader, welche die Fahrbahn begrenzen, wie die Zinnen der chinesischen Mauer aus dem Blattwerk hervor leuchten.
Der Parkplatz oberhalb des Ortes ist fast leer und Masca selbst liegt noch wie ausgestorben im Dunst der Wolken unter uns. Nur der fliegende Händler sitzt mit seinen Bananen und Getränkedosen am Straßenrand, dort wo die Treppen des Wanderwegs zwischen Agaven hinunter ins Tal führen. Der Regen der Nacht hat zwar immer wieder feuchte Erde auf die Stufen geschwemmt, aber mit dem griffigen Profil unserer festen Bergschuhe lässt sich der Weg gut gehen.
Von einem Felsen aus sehen wir die schmale Brücke über den Bach unter uns liegen und erreichen nach wenigen Minuten den Talgrund. Der Hauptweg führt links der Masca gut erkennbar sanft nach unten. Immer wieder zweigen schmale Pfade zu den längst aufgegeben Terrassenfeldern ab, die von dichtem Schilfrohr zurück erobert wurden.
Bei einer großen, einsamen Palme machen wir auf einem Mäuerchen Rast und freuen uns über die leckeren Salamibrote aus dem Rucksack. Hoch über uns jagen zwei Dohlen laut kreischend eine schwarze Krähe, die wohl ihrem Nest in der steilen Felswand zu nahe gekommen ist. Im Aufwind kreist einer der letzten Fischadler und wir sehen, wie er in einer der vielen Höhlen des Vulkangesteins verschwindet.
Nach einer Stunde Wanderung verliert sich der Weg immer mehr zwischen Felsbrocken und Schilfdickicht. Die schwarzen Wände der Klamm ragen dunkel und drohend rechts und links lotrecht in den Himmel und lassen keinen Sonnenstrahl ins Tal fallen. Trotz der kühlen Witterung kommen wir bei der ganzen Kraxelei immer mehr ins Schwitzen. An einer Stelle hat in grauer Vorzeit ein Felssturz das Tal versperrt und den Bach zu einem kleinen Teich aufgestaut. Von hier führt linker Hand ein Levada an der Felswand entlang, dem unser Weg ein paar Meter folgt, ehe er wieder den Bachlauf überquert und den Abhang am Felssturz hinunter führt
Von unten sehen wir, dass ein paar Verrückte auf dem Mäuerchen des längst verschütteten Wasserlaufs balancieren und so dem Halbrund des Talkessels hoch über dem Wanderweg folgen wollen.
Nach gut drei Stunden erreichen wir das Tor, das die Masca in Jahrtausenden durch den Fels gegraben hat und das vom Meer her kommend den einzigen Zugang zum versteckten Tal der Masca bildet. Wir machen ein letztes Mal Rast und fragen uns, ob wohl einige der letzten Guanchen die versteckten Terrassen an einem so entlegenen Ort für ihre Felder angelegt haben mögen – von der Welt abgeschnitten, aber dafür mit Wasser reichlich versorgt.
Das Tal weitet sich und die gelben Fahnen des Masca-Express signalisieren: „Wir haben das Ziel erreicht!“ Die junge Frau mit den blonden Zöpfen markiert uns auf ihrer Passagierliste für den nächsten Törn und rät uns davon ab, vorher noch Baden gehen zu wollen.
Hohe Wellen brechen sich an den riesigen Kieseln des Strandes und selbst am Bootsanleger ist das Meer so unruhig, dass das Entern des Bootes zum Abenteuer wird. Nur durch einen kühnen Sprung kommen wir von der Mohle auf den Kragsteg des schaukelnden Bootes – ein kleines Mädchen Huckepack auf dem Rücken der blonden Zopfträgern – das ist Service!