Noch strahlt die hellgelbe Julisonne aus einem tiefblauen Himmel auf die reifen Kornfelder und der sanfte Sommerwind raschelt mit den großen Blättern der uralten, riesigen Pappeln.
Die Mühle am Ufer der Aisch
Und so steht Karl vor einem riesigen Berg Holz, der noch geschnitten und gehackt werden muss, ehe er im Winter dem großen Kamin in der weiten Halle der Oberndorfer Mühle einheizen kann.
Wir haben uns lange nicht mehr gesehen und ich bin neugierig zu erfahren, wie es ihm und seiner Familie so ergangen ist. Aber er ist noch ganz mit den Bäumen beschäftigt: “Mehr als 250 Jahresringe haben wir am Stumpf der gefällten Pappel gezählt! Die muss schon der erste Müller zur Befestigung der Ufer gepflanzt haben, als er 1734 die Getreidemühle erbauen ließ!”
Oberhalb der Mühle wurde die Aisch schon früher aufgestaut und das Wasser mit einem Wehr auf das große, hölzerne Mühlrad gelenkt. Das Gefälle beträgt zwar nur wenig mehr als einen Meter, aber das unterschlächtige Rad wurde durch die große Wassermenge des Flusses fast das ganze Jahr über ausreichend angetrieben.
Unterhalb des Mühlrads, wo die breite, hölzerne Bohlenbrücke die Aisch überspannt, ist das Flussufer mit Steinstufen befestigt, an denen die flachen Lastkähne entladen werden konnten, mit denen die Bauern aus Ipsheim das Korn mit ihren Ochsen flussaufwärts treidelten. Ich setze mich auf diese alten Stufen am Fluss, geborgen unter der weiten Kuppel der tief hängenden Äste einer gigantischen Trauerweide und genieße den kühlen Schatten und das leise Gezwitscher der Vögel hoch über mir.
Die Pelzverarbeitung der Famile Zeitz
Ich erinnere mich noch wie heute, als Petra und ich das erste Mal vor fast vierzig Jahren zur Oberndorfer Mühle fuhren, um vom ersten Ersparten unserer Arbeit eine kuschelige Pelzjacke zu erstehen. Für die edleren Pelze war unser Geldbeutel dann doch zu schmal, aber eine wunderschöne, grauschwarz melierte, halblange Jacke aus Ziegenpelz, die sich weich und seidig anfühlte, hatte es uns angetan. Die Anprobe fand dann in der großen Halle statt, weil wir ja mit Karl und seiner Frau bekannt waren. Da machte die strenge Schwiegermutter damals eine Ausnahme.
Noch heute werden hier aus Omas vererbtem Nerz eine schicke Stola fürs Theater und ein flottes Westchen für die flippige Enkelin, dafür sorgt Karls Frau Heidi, die seit ihrer Kindheit für Pelze lebt.
Das Gartencafe an der Mühle

Selbstgebackene Kuchen, Torten und Eis sowie warme und kalte Getränke.
Geöffnet von 1.Mai bis 3.Oktober, jeweils Mittwoch bis Sonntag von 13:00 bis 20:00 Uhr
Oberndorf 76, 91472 Ipsheim, +49 9846 322
Beim Abschied plaudern wir mit der älteren Dame des Hauses über die Geschichte der Mühle und die ausgedehnten Reisen, die sie früher mit ihrem Mann in alle Länder der Welt unternommen hat, um Pelze einzukaufen. Aber dabei blieb es in der Regel nicht.
Die große Halle mit dem Kamin und dem Wintergarten ist heute das zentrale Familienheiligtum und ein musealer Ort der Erinnerungen. Der ovale Esstisch mit den bezaubernden Intarsien stammt aus England, das große Ölgemälde in der Halle aus Spanien und wurde damals in einen Teppich eingerollt nach Hause gebracht. Die Holzfiguren, das Schach und die Puppen unter dem Bücherregal sind Erinnerungen an eine glückliche Zeit. Wie der alte Filmprojektor, der eine Kerosinlampe als Lichtquelle benutzte, mit seinem Lichtstrahl uns ein bezauberndes Bild der Vergangenheit liefert.
Beschwingt nehmen wir Abschied, bewundern die tiefroten Feuerlilien am Tor und freuen uns, dass sich die Wolkentürme nach Norden Richtung Würzburg verzogen haben und uns ein herrlicher Sommertag beschert wird.