Kinder erleben unbeschwerte Ferien auf den Heuwiesen zwischen den alten Bauernhäusern des Museums in Amerang und entdecken die Wohnkultur vergangener Zeiten. Die Bauerngärten und die Bienenvilla erzählen spannende Geschichten, wie die vom Großvater, Lilli und Luise und dem alten Griesgram Ludwig Koch.
Ferien auf dem Bauernhof
Besorgt blickt der Großvater auf die Wolkengebirge, die sich am Nachmittagshimmel auftürmen – die einen schwarz und unnahbar drohend wie die Kampenwand und die anderen locker flauschig wie barocke Lüfterlmalerei in König Ludwigs Schlössern. Da braut sich ein Gewitter zusammen! Am anderen Ende der Wiese rechen Lilli und Luise noch Heu und albern unbesorgt mit den vom Sommerwind hoch in die Luft geblasenen Heublumen herum. Lächelnd treibt er die zwei kräftigen Braunen an, den großen Leiterwagen ein Stück den Hang hinauf zu ziehen, damit die beiden Mädels das trockene Heu aufladen können.
Seit ein paar Jahren gehen sie in der Stadt zur Schule und er freut sich immer, wenn seine Enkelinnen in den Ferien zu ihm auf den Hof nach Amerang kommen. Der alte Vierseithof war früher der wohlhabendste mit vielen Mägden und Knechten und sogar einer eigenen kleinen Brauerei, die auch den Dorfkrug mit frischem Bier versorgte.
Seit dem letzten Krieg fehlten die Männer, um einen großen Viehbestand zu versorgen und so reichte das Heu gerade für die Pferde und die zwölf Milchkühe im Stall. Die Bäuerin, seine Tochter, versorgte sie und machte auch noch Butter und Käse für den Laden vom Poidl an der Kirche, der das ganze Dorf und das naheliegende Schloss mit dem Notwendigsten versorgte.
In der Ferne grummelte und grollte es jetzt schon hörbar und es wurde Zeit zurückzufahren. Hoch oben auf dem Heuwagen sangen die Mädchen fröhliche Lieder und der Großvater brummte glücklich dazu. Sie schafften es gerade noch rechtzeitig den Heuwagen durch das große Hoftor und am Misthaufen vorbei in die Scheune zu bugsieren, die zwei Rösser abzuspannen und in den Stall zu führen, ehe die zu unruhig wurden.
Während der Großvater das Heu in den oberen Stadel gabelte, verschwandte Lilli und Luise in der Küche, wo es schon verlockend nach Pfannkuchen mit frischen Himbeeren duftete. Die hatte die Tante von den Sträuchern am sonnigen Rangen gepflückt, um ihnen eine besondere Freude zu machen, nachdem sie so fleißig gewesen waren.
Die Bienenvilla und Opas Bienenzucht-Kalender
Der Gewitterregen war eine willkommene Abwechslung und bescherte den beiden die Gelegenheit mit ihren Puppen im Bienenhaus zu spielen. Das hatte der Großvater in seiner Gesellenzeit beim Zimmermann im Stil einer Ferienvilla der reichen Städter gebaut und mit bunten Symbolen bemalt, damit die Bienenvölker ihren Stock wieder fanden. Als er damals dann Großmutter geheiratet hatte, zog das Bienenhaus mit ihm um und hatte im Obstgarten des Hofes eine neue Heimat gefunden. Fast hundert Bienenvölker hatte dort ihren Stock und lieferten neben süßem, wohlriechenden Honig auch Wachs für die Kerzen, die im Winter die Stuben warm erleuchteten und auch den Weihnachtsbaum schmückten.
Im Inneren war die Bienenvilla geräumig wie ein Gartenhaus und durch die kleinen Fenster kam genug Helligkeit herein, um es in ein schummriges Licht zu tauchen. Hier spielten Lilli und Luise am liebsten, war es doch wie ein begehbares Puppenhaus in dem es summte und brummte, denn die Rückseite der Bienenstöcke konnte von innen geöffnet werden. Der Großvater hatte sie jedoch eindringlich ermahnt und davor gewarnt zu neugierig zu sein. Manchmal verirrte sich auch so eine fleißige Biene nach innen, die sie dann vorsichtig mit einem Blütenzweig hinaus wedelten.
Großvaters kreisrundes Kalenderblatt war sowieso viel interessanter: Es teilte das Jahr in Perioden wie dem Ausschwärmen der neuen Königinnen und dem Werden und Wachsen des Bienenvolkes, dem Sammeln der Pollen und der Arbeit des Imkers beim Schleudern des Honigs.
Immer wieder erklärten sie ihren Puppen mit dem Kalenderblatt als Tafel, was sie vom Großvater gelernt hatten und begriffen den ewigen Wandel des Lebens verkürzt auf ein Bienenjahr.
Der Regen hatte aufgehört und langsam wurde es in der Bienenvilla zu Dunkel zum spielen. Sorgfältig betteten sie ihre Puppen in die Wiege und zogen dünnen Tüll über das Korbdach, damit sich keine Biene hinein verirren konnte.
Die Kirschen aus Nachbars Garten
Langsam schlenderten sie zurück zum Hof, da tauchten die letzten Sonnenstrahlen den kleinen Kirschbaum in das warme Abendlicht. Verführerisch leuchteten die tiefroten Kirschen zwischen den Blättern hervor. Die Äste des Spalierbaums waren an ein Rankgitter an der Hauswand gebunden, so dass die jungen Zweige mit den Kirschblüten im Frühjahr wenig Regen aber umso mehr Sonnen abbekamen.
Ein schneller Blick, ein schelmisches Lächeln und schon faltete Lilli die Hände zur Räuberleiter. Luise stieg ein und streckte sich, um an die dunkelroten Kirschen ganz oben heran zu reichen. Kichernd naschten die beiden von den süßen Früchten und sahen jetzt erst, dass der alte Koch ihnen von seinem Holzbalkon schmunzelnd mit dem Finger drohte.
„Gell Ludwig, du hast nix gesehen“ rief ihm Lilli zu und erinnerte sich, wie der Ludwig sie früher mit seinem Motorrad im Seitenwagen von der Schule abgeholt hatte, wenn der Winter gar zu kalt war, um den weiten Weg zum Hof zu laufen.
Wie schön es doch war, in den Ferien wieder hierher kommen zu können!

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