Heidi und der Geisen-Peter haben vor mehr als hundert Jahren die Bündner Herrschaft als Inbegriff der heilen Welt in den Bergen berühmt gemacht.
Heidi und Peter
„Vom freundlichen Dorfe Maienfeld führt ein Fußweg durch grüne, baumreiche Fluren bis zum Fuße der Höhen, die von dieser Seite groß und ernst auf das Tal hernieder schauen“.
Wir wählen für den Aufstieg heute aber lieber die Älplibahn, die uns von Malans in zehn Minuten auf die Jeninser Alp bringt. An der Bergstation halten wir uns links, um nach einer Viertelstunde an der ersten Weggabelung rechts nach Obersäss, zur 2000m hoch gelegenen, oberen Alp aufzusteigen.
Hochmoor und alte Bergwerke
Den Esoterikern unter den wenigen Wanderern hier oben, gilt das Moor als Kultplatz mit auf- und abschwellenden Kraftfeldern, frei von störenden Einflüssen – die würden wohl auch schnell im Moor versumpfen.
Vom Nordhang der Messhaldenspitze sehen wir am Ruchenberg gegenüber die Stolleneingänge alter Bergwerke, in deren Abraumhalden spärlich der Almrausch wächst. Von den Murmeltieren, die sich darin verstecken, hören wir nur die Schrillen Pfiffe, die unser Kommen ankündigen.
Im Talgrund des Grüzbodens weidet eine kleine Herde von Pferden inmitten einer Vielzahl bunt gefleckter Kühe, die wiederkäuend in der Sonne liegen und nach den Regentagen die Wärme genießen. Der Fahrweg hält sich weiter am Hang, während sich der schmälere Weg, den wir später für den Rückweg wählen werden, sich links zum Talgrund hin absenkt.
Vor uns, halb im hohen Gras versteckt, eine Ferienhütte mit der obligatorischen Schweizer Fahne, die anzeigt, dass die Feriengäste schon da sind. Etwas oberhalb die Furner Alp, um die sich der Fahrweg schlängelt, der ins Prättigau führt.
Die Furner Alp
So muss der Öhi von Heidi und Peter ausgesehen haben – wir sind mit einem Wimpernschlag mehr als hundert Jahre in der Vergangenheit. Natürlich würde er uns ein Stück Käse vom Laib schneiden, ob wir etwas Zeit mitbrächten? Dann würde er noch sein Mittagsmahl beenden!
Wir setzen uns an den, von Wind, Wetter und Regen silbern gebleichten, massiven Lärchentisch, dessen samtige Oberfläche im Sonnenlicht wie Glimmer schimmert. Der Blick schweift hinüber zum zinnoberrot leuchtenden Südabbruch des Schafbergs und des Salaruelkopfs, dem Grenzgebirge zu Österreich und Lichtenstein. Weiter im Osten, hinter der Shesaplana, verlieren sich die noch schneebedeckten Gipfel der Silvretts und Vereina im Wolkenmeer. So weit das Auge reicht, nur Fels und Alpweiden, wie in einem Land vor unserer Zeit.
Der Öhi
Nach kurzer Zeit kommt er mit einem großen Teller aufgeschnittener Tomaten mit winzigen Mozzarella Kügelchen, gewürzt mit Salz, feingehackten Zwiebeln und Schnittlauch. Lächelnd erklärt er uns, dass er für dein Mittagsmahl zu viel zubereitet hat und sich freuen würde, wenn wir uns den Rest teilen. So eine Überraschung! Aber damit nicht genug, stellt er uns noch zwei Rotweingläser dazu und setzt sich zu uns.
Vor Jahren hat der Öhi den Hof in Furna an seinen Sohn übergeben und hütet jetzt im Sommer das trocjen stehende Jungvieh auf der Alp Rona. Der Käse kommt aus der Käserei am Hof daheim. Früher hatte er manchmal Feriengäste mit Kindern aus Regensburg, die hier die Sommertage verbrachten und die Freiheit unter dem weiten Himmel verbrachten. Leider ist das Wetter dieses Jahr recht launisch und die Sonne zeigt sich selten so warm wie heute.
Natürlich will er auch wissen, was uns mit dem den kleinen Anton in die Berge verschlägt und freut sich riesig, als er erfährt, dass unser Schweizer Lockenschopf aus Trimmis, dort drunten im Rheintal ist. Wir setzen den Plausch bei einer Tasse Nescafé fort und verabschieden uns schließlich, als ob wir mit Anton mal wieder den Öhi auf der Alp besucht hätten.