Auf einer kleinen Insel im Mirower See, dem östlichen Rand der Mecklenburger Seenplatte, wohnte vor mehr als 250 Jahren die Witwe von Prinz Carl Ludwig Friedrich von Mirow. Dieser war 1752 bereits im Alter von 44 Jahren gestorben, ohne jemals regiert zu haben. Da ihr ältester Sohn erst 14 Jahre war, führte sie für ihn die Regierungsgeschäfte.
Als wir beim Durchschreiten des Torhauses das hellgelbe Schloss inmitten eines grünen Parks leuchten sahen, tauchten wir ein in vergangene Zeiten:
Sommer 1760 auf Schloss Mirow
Seit Adolph Friedrich IV., der Erstgeborene der Herzoginwitwe und ihres Mannes, Prinz Carl von Mirow, volljährig geworden war, residierte er mit seiner älteren Schwester Christiane in Neustrehlitz, der Hauptstadt des kleinen Herzogtums Mecklenburg-Strehlitz. Der Witwensitz im kleinen Schloss Mirow war eine Weiberwirtschaft, seit die jungen Prinzen Ernst und Georg August in das dahinterstehende Kavaliershaus ausquartiert worden waren.
Verzeihen Sie, ich habe ganz vergessen mich vorzustellen. Ich bin Friederike-Elisabeth und auf Empfehlung des Kammerherrn der preußischen Königin als Hoffräulein nach Mirow gerufen worden, um Lottchen, wie alle die fröhliche Tochter der Herzoginwitwe nannten, in die Gepflogenheiten bei Hof einzuführen und um aus dem lustigen Mädchen eine gute Partie zu machen. Schon der Alte Fritz hatte über die Mirokesen gesagt: „Wir überhäufen und versehen sie mit allem, denn wahrhaftig, diese guten Leute besitzen keine anderen Reichtümer als ihren Titel, ihr Wappen und den Stammbaum eines sehr alten Hauses.“
Die Einladung zum Ball
„Meine Damen, unser Herbstball steht vor der Tür und ich habe mich entschlossen, Charlotte in die Gesellschaft einzuführen! Wir werden Einladungen an die Fürstenhäuser senden und ich erwarte Gesandtschaften von Rang und Namen. Heute Nachmittag werden wir das Weitere beim Tee besprechen“.
Mit leisem, aufgeregtem Getuschel wurde das Frühstück damit beendet.
Der Ballsaal von Schloss Mirow in 360°:
Nach dem Ball
Eine unbekannte Prinzessin aus der Mecklenburgischen Provinz sollte Englische Königin werden? Nicht nur in den Staaten des Rheinbunds war dies Gesprächsstoff für den ganzen Winter, auch in Frankreich wollte man wissen, mit wem man es künftig auf der anderen Seite des Ärmelkanals zu tun hatte, wie der Bericht eines Gesandten nach Paris vom Juli 1761 zeigt:
„Prinzessin Sophie Charlotte zu Mecklenburg-Strehlitz, zukünftige Königin von England ist eine ziemlich liebenswerte Person. Ihre Ausbildung ist völlig zu vernachlässigen. Ihr Geist ist einfach und ohne Eskapaden. Sie hat ein gutes Herz … ihr Wesen ist, obwohl sanft, nicht gleichgültig, Sie ist großzügig und hat keine Ahnung vom Wert des Geldes…. Sie ist kein bisschen belesen, sie hat überhaupt keine Kenntnisse und sie wurde ohne jeden Prunk erzogen, in der Einfachheit eines kleinen Hofes …“
Umzug nach Neustrehlitz
Schon im August 1761 reiste mein Lottchen über das Königreich Hannover – das damals in Personalunion vom Englischen König regiert wurde – nach England und übte auf der Überfahrt in der königlichen Yacht auf dem Cembalo „God save the King“.
Die Königin von England
Der Kew Palace nördlich von London war nur wenig größer als das kleine Obere Schloss in Mirow und für die königliche Familie vermutlich ziemlich beengend. Eher ein Herrenhaus als ein königlicher Palast – aber mehr braucht’s wohl nicht für eine Queen of England um glücklich zu sein!