Das ist eine Wanderung, mit Kraxelei, felsigen Passagen an Ketten und Steigeisen über die Granitfelsen des Ardenya Massivs. Tolle Aussichten zum HAPIMAG Mas Nou, nach Santa Cristina d’Aro und Sant Feliu de Guxiols als Belohnung für echte Abenteurer.
Die ganze Nacht hat der Sturm um unser Haus in Mas Nou getobt und es hat gegossen, dass das Wasser um den Brunnen auf dem Dorfplatz knöchelhoch stand. Hoch oben über Sant Feliu de Guixols wagen wir es am Morgen kaum aus unserem Fenster zu schauen, doch weit unten im Tal sind immer wieder Sonnenflecken.
Das nutzen wir aus und wollen nach einem ausgiebigen Frühstück noch wandern gehen. Hanni’s Buch sagt: „El Montclar – super tolle Wanderung mit knapp drei Stunden“! Das passt prima und wir packen Tee, Äpfel, Brot, Wurst, Käse ein und schon fahren wir das schmale Strässchen am Golfplatz von Mas Nou vorbei Richtung Santa Cristina d’Aro.
Hier unten im Tal ist es schon richtig warm, die Sonne scheint freundlich und der Feldweg geht am Bauernhof Can Llaurador vorbei zu einem Pinienwald, an dem wir parken. Es duftet nach Harz und Kräutern – ja, so ist das schön! Bald biegen wir auf einen schmalen Pfad durch dichtes Unterholz ab und gehen zwar schon ein wenig schnaufend, aber frohen Mutes durch eine wunderbare Landschaft mit herrlichen Felsformationen aus uraltem rosa Granit, die vor uns aufragen.
Wir kommen mit ein bisschen Kraxeln und unter zu Hilfename der Hände auf dem ersten Felsen oben an. Ein Schluck Tee und dann wandert unser Blick nach oben, auf der Suche nach dem weiteren Weg. Da hängen Ketten an der Wand und daneben ist das Wanderzeichen? Nein, das ist aber nicht ernst gemeint! Doch mein Traumwanderer bejaht, da müssen wir hoch! OK, ich will keine Zicke sein, Augen nach oben, ran an die Ketten!
Wir ziehen uns so ein grandioses Stück zum nächst höheren Rocca hoch. Die Aussicht ist hier noch fantastischer, aber so recht haben muss ich diese Art Wanderung eher nicht. Nach einer kleinen Pause klappern mir zwar noch die Zähne, aber die Knie wackeln nicht mehr. Jetzt soll es zum nächsten Felsbrocken über eine Hängebrücke gehen. Doch die ist wegen irgendwelcher uns unverständlicher Gefahren absolut gesperrt – Mist!
Wir finden einen Pfad, der erst steil abwärts geht, um dann auf der anderen Seite über eine steile Eisenleiter wieder nach oben führt. Meine Beine sind für solche Aktionen definitiv zu kurz – für den nächsten Steig fehlen mir immer 10 – 15 cm. Irgendwann haben wir dann auch diesen Kraftakt bewältigt, aber das war noch ganz und gar nicht die letzte Steilwand mit freier Fallmöglichkeit.
Zurück wollen wir jetzt auch nicht mehr, also heißt es wieder „es kann nur besser werden“! Augen zu und ran an die Ketten, bloß nicht nach unten schauen. Als wir auch diesen Felsen erklommen haben, möchte ich am liebsten einfach sitzen bleiben. Irgendwann kommt schon ein Hubschrauber und holt mich hier raus – oder etwa nicht?
Wir entdecken Wegweiser, die nach unten zeigen, genau da wollen wir nur noch hin, auch wenn die Trittrinne nur einen halben Fuß breit ist und unter uns erst einmal das Nichts kommt. Leider steht im Führer was Anderes: Zum El Montclar geht es immer noch weiter nach oben! Wir entscheiden jedoch, das letzte Stück nicht mehr zu gehen, die Zeitangaben stimmen längst nicht mehr mit unserer überein. Das wird viel zu spät!
Außer dass ich ganz schön zerschunden bin, geht es mir von der Kondition her gut, aber ich habe einfach nicht den Mut für eine solche Kletterei, das brauch‘ ich echt nicht – morgen geh‘ ich auf den Golfplatz!
Der Weg ist zwar kaum zu erkennen, aber die Ketten führen jetzt bergab und so kommt er mir so leicht vor wie ein Laufband. Irgendwann müssen wir rechts abbiegen und den Steinmännchen nach sind wir nicht die ersten, die verzweifelt nach einer Spur suchten. Kaum bin ich wieder etwas übermütig, geht es mit Ketten, Seilen und über raue Felsabstürze schon wieder in die Wand. Langsam kann ich gar nicht mehr richtig meckern, sondern ergebe mich in mein Schicksal. Nach einem Stück normalen Wanderweg kommt eine Wahnsinnswand mit Steigeisen, Ketten und noch kleineren Eisenleitern nach oben?! Als wir oben ankommen, müssen wir erkennen, da kann es kein Weiterkommen geben, es geht überall senkrecht und glatt nach unten – weit nach unten!
Zurück über die Steigeisen – nein danke! Ich bin verzweifelt, also doch auf den Hubschrauber warten! Mein Traumwanderer entdeckt das Wanderzeichen an einem Felsblock und darunter in der glatten Wand die Ketten. Oh Gott, das kann doch nicht wahr sein! Welcher Verrückte hat diesen Klettersteig als Wanderweg bezeichnet?
Nur nicht nach unten schauen, nur nicht die Füße verhaspeln, nur nicht beim Ketten wechseln abrutschen oder schwach werden! Irgendwann nach einer langen Ewigkeit haben wir normalen, felsigen Boden unter unseren Füßen und steigen auf einem rutschigen Weg durch einen Steineichenhain ab. Als wir endlich auf dem breiten Wanderweg ankommen und zurück nach oben schauen, empfinde ich nur noch Dankbarkeit, dass unser Schutzengel mit uns war!
Eine Tour an der Grenze meiner Leistungsfähigkeit, auf jeden Fall was das Psychische angeht. Aber auch eine Tour, die zusammenschweißt und an die wir gemeinsam noch lange denken werden!