- Krieger und Troubadur, die Kulturen von Sechin und Caral
- Miraflores, die Gartenstadt Limas
- Lima, Kolonialarchitektur und monumentale Plätze
- Die Prinzessin von Huaca China
- Das Kalendarium der Nasca
- Auf der PanAmericana durch Peru
Sechin und Caral, zwei uralte Kulturen im Norden Perus, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten. Die einen kriegerisch und rachsüchtig, die Anderen kulturell gebildet, musisch und künstlerisch, durch die schier endlose Wüste voneinander getrennt.
Die Schlächter von SECHIN
Wir sind bei Casma in eine kleine Straße nach Sechin Bajo eingebogen und haben die sandige Zufahrt zum Museum Max Uhle gleich gefunden. Der hat vor achtzig Jahren hier die Ruinen des uralten Tempels entdeckt und ausgegraben. Das Museum gibt nicht viel her, außer dass wir dort die Eintrittskarten zum archäologischen Komplex gleich gegenüber kaufen können. Wir sind alleine, keine Touristen weit und breit, nur ein paar Wächter, die im Schatten der alten Bäume sitzen und uns bestaunen. Oft kommt hier wohl niemand zu Besuch.
Als wir aus dem Schatten der Bäume treten, blendet uns das diffuse, helle Wüstenlicht der hinter Dunst versteckten Wintersonne. Vor uns die steinernen Wälle des über fünftausend Jahre alten Tempels, dessen Außenwände über und über mit in den Stein gehauenen Reliefs überzogen sind. Krieger mit Helmen und Steinäxten in den Händen, die Gefangene köpfen. Menschen voller Angst verzerrter Gesichter, Geblendete und Verstümmelte. Zu Hauf ausgerissene Augen und abgeschnittene Zungen, damit die Unterlegenen ihre Besieger nicht mehr sehen und verfluchen können.
Grausige Szenen, die ein beredtes Zeugnis davon abgeben, wie die Bewohner von Sechin mit denen umgingen, die es wagen sollten, sich mit ihnen anzulegen. Abschreckung par excellence! (Erläuterungen der Reliefs finden Sie im Archiv).
Wir lösen uns von den Schreckensbildern und steigen den schmalen Weg hoch, der um die Ausgrabungstätte herum ein Stück den Berghang hinauf führt. Von dort haben wir eine grandiose Aussicht auf Sechin Bajo, 5.500 Jahre alt und eine der ältesten Kulturstätten Amerikas und weiter hinten die riesige Lehmziegelpyramide von Sechin Alto, die spätere Generationen ein Stück weiter oben im Tal aus Adobe errichtet haben inmitten der grünen Flussoase mit ihren Äckern, Wiesen und hohen Bäumen, in deren Schatten sich die kleinen Lehmziegelbauten der Bauern ducken. Und dann, wie mit dem Cutter abgeschnitten, der fast weiße Wüstensand mit seiner blendenden Helle.
Wir wollen noch weiter zur Ausgrabung der Wüstenfestung Chanquillo. Zuerst versuchen wir es über eine Seitenstraße, die schon nach wenigen Metern an der Schranke einer Orangenplantage endet: „Hier gibt’s kein Chanquillo, nie gehört“! Also weiter nach Süden auf der Panamericana. Nirgendwo ein Schild oder sonst ein Hinweis, nur am Horizont ein blaues Schild mitten in der Wüste am Ende einer schmalen Schotterpiste. „Ein ungeplanter Trip in die Wüste? Vergiss es!“ entscheidet meine bessere Hälfte und setzt damit meinem Forscherdrang ein schnelles Ende.
Die guten Menschen von CARAL
Drei Stunden später und zweihundert Kilometer südlich biegen wir mit einem spannenden Wendemanöver von der Panamericana auf eine Schlammpiste ab, die wenig später mit Wasserfurchen durchsetzt als krasser Feldweg endet. Würden nicht immer wieder Plakate auf CARAL hinweisen, wir wären längst umgekehrt. So geht’s an Maracuja Feldern entlang, die gerade abgeerntet werden, bis ein schmaler, holpriger mit großen Reifenmördersteinen durchsetzter Fahrweg durch eine Fuhrt führt und nach ein paar Kilometern auf einem großen, erstaunlich belebten Parkplatz endet.
Neue, hübsche Bungalowhäuschen und viele, zweisprachige Informationstafeln sind hier aufgebaut. Die Besichtigung der riesigen archäologischen Stätte mit Pyramiden und ovalen Arenen mit dem Guide ist echt gut und wir verstehen doch einiges von seinen spanischen Erläuterungen.
Tolle Tempelpyramiden aus Feldsteinen und große, ovale Arenen wurden hier ausgegraben, deren Ursprung 6.000 Jahre zurück liegt. Caral ist damit die älteste bekannte Kultur auf dem amerikanischen Kontinent. Die steinernen Monumente waren im Kreis um die Siedlung angelegt, deren Lehmwände wie fast überall auf der Welt mit Holzbalken und Flechtwerk verstärkt waren (detaillierte Erläuterungen finden Sie auf den Tafeln im Archiv).
Die Fundamente und Sockel aber waren mit Bruchsteinen geschlichtet, die von groben Netzen aus dicken Stricken zusammengehalten wurden. Auf diese Weise haben die Mauern auch Erdbeben und viele Jahrtausende überstanden.
Ein friedliches, religiöses und musikalisches Volk lebte hier einst in einer riesigen Flussoase, in der die Bauern noch heute große Felder mit Zuckerrohr, Maracuja und Kürbissen angelegt haben. Mit Pferd und Pflug werden die Felder bestellt, das mit der Machete geschnittene Blattwerk der Maracuja wird mit Eselkarren und Moped in die Scheunen transportiert.
Es nieselt leicht und ein eiskalter Wind weht über die sandige Ebene. Unter uns das grüne Tal des Rio Supe, aber um uns herum steinige Wüste. Ausgefroren und um viele neue Eindrücke reicher kommen wir zurück zum Parkplatz. Die Ausflügler, die neben uns geparkt haben, stehen ratlos um ihren SUV herum und bewundern das Ergebnis der Reifenkillerstrecke: Die Armen haben einen Plattfuß!
Mittagessen im EL POLLO
Auf der holprigen Rückfahrt nach Supe – die von Google Maps vorgeschlagene Abkürzung zur Panamericana auf einer Sandpiste durch die Wüste ignorieren wir lieber – fällt uns ein, dass bei der katholischen Kirche irgendwo an der Straße ein „Restaurant“ war.
Es ist Mittagszeit, perfekt für eine Suppe, Lomo de Pollo und Chuleta! Das Lokal mit den Plastikstühlen und dem lückenhaften Strohdach ist schon sehr „chinesisch“. Hühner, Hunde, Katzen – alles läuft kreuz und quer über die Terrasse und in der Hütte kocht Mama am offenen Feuer, während die Kinder servieren und kassieren 36 Soles für alles. Wir sind pappsatt und gut war’s außerdem, was will man mehr?
Jetzt aber los, wir haben noch eine lange Fahrt bis Lima vor uns. Bis Callao geht es auf der Panamericana recht gut, aber dann fängt der Stadtverkehr von Lima an. Wir haben Glück, dass Samstag ist, da hält sich das Chaos in Grenzen und wir kommen pünktlich um fünf Uhr nachmittags in unserem Hotel ATEMPORAL an, wo uns Ricardo begrüßt wie alte Freunde. Aber das ist eine andere Geschichte!